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Montag, 30. Mai 2016

Nicht-Upflamör im Juli 2015


Über das ganze letzte Jahr sind kaum neue Seifen entstanden. Eigentlich haben wir nur den wohlduftenden Berg kleinerer und größerer Seifenschönheiten abgetragen. Eine der wenigen Seifen, die ich in dieser Zeit gesiedet habe, ist auf dem Upflamör-Workshop entstanden. Im Grunde genommen stimmt die Ortsbezeichnung nicht mehr, weil wir uns jetzt ca. 20 Kilometer östlich von Upflamör treffen, ganz im Grünen, außerhalb jeder Ortschaft, so Jottwedeh, dass sogar die Funkwellen der Handys abstürzen, bevor sie einen rettenden Mast erreichen.
Wir jedenfalls haben uns - ungestört von der Außenwelt - daran gemacht eine schöne Seife (Seife Nr. 95) mit Palmöl, Babassu, Bienenwachs, Rapsöl, Olivenöl, Rizinusöl, Propolis und Honig zu sieden und die Stücke mit eigens zu dem Zweck gegossenen, teilweise gestempelten und teilweise bestempelten Wachsplatten zu verzieren. Beduftet habe ich mit ganz wenig Scottish Honey Blossom. Das Rezept zur Seife stammte natürlich wieder von Sannyas. 
Mal mit ein bisschen gülden bestaubter Wachsplatte ...

... mal ohne Glitzerzeugs - Auch ganz hübsch.

Tiger, Tiger ...

Gestempelte Sumserinen auf Wachs auf Sodaasche

Die Hobelreste meiner Honig-Propolis-Seifen habe ich mit den Bruchstücken der Wachsverzierungen nochmals eingeschmolzen. Was wie Streuselkuchen aussieht, lässt sich ganz gut als Sattelseife oder Lederpflege verwenden.

Lederseife in Streuselkuchenform

Außerdem haben wir Shampoobars gewerkelt. Das war eine äußerst staubige Angelegenheit, kann ich euch sagen. Aber letztendlich ist aus Kakaobutter, Sheabutter, Jojobaöl, grünem Avocadoöl, Lanolin, Emulsan, Aloe Vera, SLSA, SLS und Kaolin tatsächlich festes Shampoo geworden. Beduftet waren die Stücke mit Yuzu. Ich habe aber gar kein Foto mehr, was zwar ungewöhnlich für mich, für euch aber kein Verlust ist; denn Schönheiten waren meine Shampoobars wahrlich nicht. Die Resonanz der Benutzer war aber durchweg positiv, was für die Qualität von Sannyas' Rezept spricht.
Natürlich wurde auch wieder gestempelt und geperlt. Aber das ist auch schon gute Tradition auf diesem Workshop, Doro sei Dank. Ach, wir haben auch noch Tabletts - eigentlich Holzschubladen - bemalt, bestempelt und mit Papier ausgekleidet. Ich bin ganz stolz auf meine beiden. Sie helfen mir jetzt, ein bisschen Ordnung auf meinem doch recht chaotischen Schreibtisch zu halten. Und einige meiner schönen Papiersammelstücke haben auch eine angemessene Verwendung gefunden.

So ein bisschen aufgepinselter "Shabby Chic" ...

... kombiniert mit schönem Papier ...

... und Stempeln an allen passenden Orten macht aus
einfachen Schubladen einzigartige Tabletts.

Auf dem Nachhauseweg habe ich noch einen Abstecher nach Schloss Mochental gemacht, außen Barockschloss, innen moderne Kunst und ein niedliches Besenmuseum.
Auf dem Weg dahin ein bisschen begehbare Landschaftskunst, beim Hindurchgehen ziemlich selbsterklärend, vom bequemen an der Erde orientierten Weg mit nur begrenztem Blick nach oben, zu weniger komfortablen Wegen, dafür mit Ausblick in den Himmel und einem weiten Horizont voran.

Elegant geschwungene ...

... Belehrung in der Landschaft.

Schon ein eindrucksvolles Häuschen. Das könnte mir
auch gefallen. Vielleicht ein bisschen wenig Fenster ...

Es spricht wohl nicht sehr für mein Verhältnis zu moderner Kunst, dass mir weit mehr als die Kunstwerke im Schloss, die dortige Sammlung an Öfen ins Auge gefallen ist. In vielen Räumen fand sich ein schönes Stück - bemerkenswertes Kunsthandwerk.



Gußeiserne Elche ...

... und Geißen, die über eine Brücke springen und
den Flußgeist verärgern, der ihnen mit der Faust droht.

Natürlich war es auch vergnüglich, zwischen all den Kunstwerken herumzuschlendern. Man kommt auf allerlei, manchmal recht skurrile Gedanken dabei. Und die vier Stunden, die ich in der Galerie verbracht habe, waren nicht wirklich ausreichend.

Getränkedosen, wie es aussieht
alle von einer Marke

Golem reloaded?

Einfach schön - Das Pferdchen beschwört
die griechische Sagenwelt herauf

Besonders gut gefallen, hat mir die Ausstellung kinetischer Kunst von Jörg Wiele.
Ich habe zwar ein paar Bilder mitgebracht, aber die Kunstwerke sind schwer zu fotografieren, vor allem, weil sie ihren ganzen Charme nur entfalten wenn sie sich bewegen. Und das habe ich stundenlang gemacht: Alle Objekte in diesem Saal immer wieder in Bewegung gesetzt.

Zauberspiegel

Schwere, edle Materialien ...

... bewegen sich mit tänzerischer,
schwebender Leichtigkeit.

Meist genügt ein Fingerstups.

Schaut euch mal auf folgenden Links um. Da gibt es gute Bilder und einige zu kurze Videos. Diese Ausstellung war reiner Genuss.
Aber auch das kleine bescheidene Besenmuseum lohnt sich. Fluggeräte aus aller Herren Länder finden sich da, mit denen man natürlich sogar fegen könnte, wenn man denn unbedingt wollte.

Einen Feuerblitz hatten sie nicht da.

Schöner Fegen - Ich tu's trotzdem nicht gerne!

Auch die Außenanlagen waren noch - ein bisschen augenzwinkernd - mit Kunst bestückt.

Rübchen für Häschen?

Zum Glück haben diese gelben Rüben nicht die Hasen passender Größe angelockt. So konnte ich stressfrei und gemütlich in mein Auto steigen und nach Hause gondeln.


miscellanea




Dienstag, 17. Mai 2016

Rothenburg

Nun ist schon ein Jahr vergangen, seit ich aufgehört habe zu bloggen. Ich habe immer sehr gerne darüber berichtet, was sich so getan hat an größeren und kleinen Dingen in meinem Leben. Aber man braucht zum Bloggen Muße und Lust. Und zwar gleichzeitig. Und das war letztes Jahr bei mir nicht der Fall. Es gab einfach zu viele Dinge, die mich abgelenkt haben. Ich hatte mir schon überlegt, die Seite vom Netz zu nehmen. Andererseits - was soll's! Ich hatte immer Spaß mit meinem Blog. Also versuche ich es nochmal. So leicht werdet ihr mich nicht los.
Seit den letztjährigen Pfingstferien dümpelt jetzt mein Post über Rothenburg fast fertig vor sich hin. Er wurde längst von anderen Neuigkeiten überholt. Aber was seit letztem Frühling alles passiert ist, könnte ich sowieso nicht mehr vollständig berichten. Ihr würdet das alles auch gar nicht lesen wollen. Also lieber weiter mit schönen Dingen! Pfingsturlaub, wenn auch schon schwer angestaubt.
Für mich war immer Regensburg der Inbegriff der mittelalterlichen Stadt. Ein Labyrinth aus engen, modrigen Straßenschluchten, freundlicheren, helleren Gassen und verborgenen Winkeln, in der Mitte das Domgebirge. Eine Stadt am Fluss und auch durch ihn. Und dann habe ich das erste Mal Rothenburg ob der Tauber gesehen, über dem Taubertal und seinen Wäldern schwebend, Turm an Türmchen, ordentlich hinter seine Mauern geduckt - und ja, wie von Walt Disney gezeichnet und direkt aus Hollywood ins Fränkische verpflanzt. 


Erste Annäherung
Schlechtes Bild. Dafür mit Schwalbe


Ob des Waldes, ob des Tales, ob der Tauber

Und es hat mich begeistert, von Anfang an. Rothenburg entspricht so viel mehr unserer Vorstellung davon, wie eine mittelalterliche deutsche Stadt auszusehen hat, als fast jede andere Stadt, die ich kenne. Es ist der Archetyp des Mittelalters, wie wir es uns erschließen und in dem wir Urlaub machen können, ohne unser sicheres und hygienisch einwandfreies Heute verlassen zu müssen. Als ob wir das auch könnten. Das richtige Mittelalter ist weiter von uns weg als der erste Start eines Raumschiffs namens Enterprise, falls es denn jemals aus dem Raumhangar auslaufen sollte. Und trotzdem macht es Spass, der Geschichte, die noch erfahrbar ist, der Lebenswirklichkeit früherer Zeiten nachzuspüren. Und dafür ist in Rothenburg trotz der Kriegsschäden und trotz des Touristenzuckergusses noch genügend Gelegenheit.


Bildbeschreibung im Jahre 2400: Sie sehen hier das
Bild einer typischen Stadt auf dem Planeten Erde ...

Inzwischen war ich schon oft dort, aber immer nur für Tagesausflüge oder Pausen auf der Fahrt von hier nach dort und irgendwo. Dieses Mal haben wir der berühmten Touristenstadt einen dreitägigen Besuch abgestattet und wurden nicht enttäuscht. So erholsam wie diese paar Tage war selten ein Kurzurlaub.
Gewohnt haben wir im Hotel "Reichsküchenmeister", vor allem weil es in der innersten Altstadt liegt und weil wir so einen Grund hatten einmal, ein einziges Mal, mit dem Auto durch eines der Stadttore zu fahren. Ich weiß, ich weiß, das ist ein dekadenter Wunsch, aber dafür blieb das Auto auch für den Rest der Zeit hinter Mauern auf dem Hotelparkplatz. Im Reichsküchenmeister gibt es übrigens hervorragende Schnitzel. Einmal aus dem Zimmer fallen und schwelgen. Schimpft nicht mit mir! Ich hatte schon immer einen Hang zur Dekadenz.


Hotel Reichsküchenmeister: Außen
Fachwerk, innen prima Schnitzel

Es gibt ein paar Fotomotive, denen ich rettungslos verfallen bin: Waldbuckelberge, der Blick von unserem heimischen Balkon zu jeder Tages- und Jahreszeit und das Dächermeer mittelalterlicher Stadtkerne. 


Blick aus dem Hotelfenster auf die
Jakobskirche


Und nochmals Hotelfenster:
Dächergewusel

Kaum tauchen sie vor meinem Auge auf, schon muss fotografiert werden. Eine richtige Sucht! Deshalb werdet ihr davon in diesem Post auch mehr als ausreichend finden. Ihr müsst sie - bewahre! - nicht alle anschauen. Sie stehen da vor allem zu meinem eigenen Vergnügen und auch ohne rechten Bezug zum Text. So selbstsüchtig bin ich, jaja.
Am ersten Tag unseres Besuchs haben wir uns durch die Stadt treiben lassen, hierhin, dorthin, in die Jakobskirche natürlich und in das Reichsstadtmuseum im ehemaligen Franziskanerkloster. Das Heiligblut-Retabel in der Jakobskirche habe ich schon fotografiert, aber so ohne Blitz und in der leicht dämmrigen Kirche wurde das nichts Gescheites. Hier gibt es viel schönere Bilder davon als meine. In der Jakobskirche kann man am Hochaltar auch das berühmte Bild des bebrillten lesenden Petrus von Herlin bewundern. Jeder hat es wohl schon irgendwo gesehen, aber die wenigsten wissen, wo das Original beheimatet ist. Ich wusste es auch nicht, kannte nur das Bild an sich, bis der Apostel mich durch seine Brille betrachtet hat, Missbilligung ob meiner Unwissenheit im Blick. Aber dann hat er sich sofort wieder dem Buch der Bücher gewidmet. Nicht einmal der Pilgerapostel Jakobus wird eines Blickes gewürdigt. Aber was soll's. Dessen Blick ist so fest wie unbebrillt auf ein Ziel jenseits des Bildhorizonts gerichtet, wahrscheinlich nach Santiago de Compostela, von Rothenburg aus auch nicht der nächste Weg. Eine Brille - Was für eine elegante Umdeutung der Altersweitsichtigkeit in die Weitsicht der Altersweisheit! Wenn auch mit ein bisschen wissenschaftlicher Hilfe.


Sehhilfe für bessere Innenschau

In dieser Kirche gibt es aber auch noch ein ziemlich lustiges Glasbild. Seht selbst: In Franken fällt das Manna in Form von Weggla und Brezeln vom Himmel.


Echt fränkisches Manna. Der alte Herr in der oberen
Etage war ja schon immer sehr umsichtig

Und wir sind gelaufen, gelaufen, bergab und -auf und umgekehrt. Um im Reichsstadtmuseum im ehemaligen Dominikanerinnenkloster fotografieren zu dürfen, brauchst Du einen "Presseausweis". 


Von der Schmuddelpresse hat wohl jeder schon gehört.
Aber gepresster Schmuddel an der Jacke?
Schande über mich!

Von der Fotoerlaubnis wurden aber meine Bilder auch nicht besser. Doch zwei interessante habe ich noch mitgebracht. Eines zeigt Martin Luther als Holzmodel für Gebäck ...


Ein süßer Reformator aus Zuckerteig - Rein zum
Anbeißen, der Herr Luther, oder zum Kopfabbeißen?

... und eines die Vorrichtung, mit der die Dominikanerinnen ihre Armenspeisung verteilten:


Ein Fass als
Armenkontaktvermeidungsautomat

Einmal drehen und schon kann das nahrhafte Geschenk an der Außenseite der Mauer entnommen werden.
Wir haben uns auch durch die winzigen Zimmer des Alt-Rothenburger Handwerkshauses gezwängt; ein interessantes Museum, malerisch, mit schönen Ausstellungsstücken. Aber wenn man dort eine Zeitlang verweilt, schätzt man unweigerlich den modernen Komfort der heimischen Wohnung!


Treppen fast ohne Platz für Absätze,
nur Ein- und Umstiege

Hübsche Handarbeiten im Aussteuerschrank.
Aber sowas gefällt mir immer.

Von unzähligen Schritten glatt
geschliffener Hausflur

Schusterkugeln in der Werkstatt und
nicht als esoterisches Accessoire

Wie üblich in solchen Museen ist alles viel zu gut beleuchtet. Moderne Lampen lassen die Räume viel zu hell erscheinen. Und wahrscheinlich waren die Zimmer auch nicht so voll gestopft mit Dingen, eher mit Bewohnern.
Nächster Punkt: Das Kriminalmuseum. Also das habe ich kaum ausgehalten. Das ist mir unter die Haut gegangen. Es gibt auch heute so viel Grausamkeit, da muss ich mir die Brutalität vergangener Tage nicht unbedingt antun. Aber ein Bild muss ich euch doch zeigen, das ich im Saal mit den Gesetzessammlungen und Verträgen entdeckt habe. Es stammt aus einer mittelalterlichen Stadtordnung. Ich weiß aber nicht mehr welcher (Notizen zu machen wäre manchmal ganz hilfreich):


Husch, husch! Hinaus mit euch, ihr
Lümmel! Hinfort ihr pösen Puben!

Aus einer Gemeinschaft ausgestoßen zu werden, ist niemals eine leichte Sache. Im Mittelalter war es lebensbedrohlich. Aber dieses Bild hat mich trotz des ernsten Sujets sehr erheitert - mit welcher Eleganz die beiden strammbewadelten Herren die Tunichtgute aus der Stadt kicken, fast tänzerisch ist das. Und mit federleichter, fast tröstlich aufgelegter Hand gibt's noch einen Schubs, dann kann der Teufel die Ausgewiesenen holen. Einfach köstlich!
Neben Kultur und Historie hat die Stadt so viele schöne Durchblicke, Aufblicke, Einblicke. Wir haben uns die Beine buchstäblich bis zu den Knien abgelaufen. Doch es hat sich gelohnt.

Kuschelnde Dächer - Mal wieder!

Der Alptraum aller Handwerker -
hier etwas reparieren zu müssen

Von fast überall: Aussicht auf Wald

Asiatische Begegnung
Italien?

Die Mauer haben wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Der abwechslungsreiche Blick auf die Stadt und ihre Dächer ist einfach unbezahlbar. Und das Wetter war herrlich.


Wie das wohl im Winter war für die
Stadtwächter? Endlose Wehrgänge,
kalte Hände und Füße - Für uns heute
nur mehr Vergnügen mit Aussicht


Die Jakobskirche von der Stadtmauer aus - Wie eine
Gluckhenne sitzt sie da


Egal wie lange Stadtmauern
unbezwungen stehen ...

... irgendwann erstürmt sie eine
unaufhaltsame grüne Armee.

Klo im freien Fall über dem Abgrund außen (!) an
der Stadtmauer - Nur etwas für tapfere Herzen

Und zum Schluss bin ich noch auf den Röderturm gestiegen, um was zu sehen? Klar, das Dächermeer eines romantischen Traums vom Mittelalter.


Ganz im Hintergrund greift die
Moderne nach dem Idyll - mit
einer Reihe von Windrädern.
Ich mag das.

Immer schön zusammenbleiben.
Dann seid ihr sicher.

Am Tag unserer Abreise war noch ein Abstecher zum Topplerschlösschen fällig, dem Wohnturm des wohl schillerndsten Rothenburger Bürgermeisters Heinrich Toppler. Leider war es an dem Tag nicht zu besichtigen. Aber es sieht auch von außen aberwitzig genug aus.


Hat die Baba Jaga hier ihr
hühnerbeiniges Hexenhäuschen
geparkt?

Nun, für uns war es dann an der Zeit, den riesigen Touristenspielplatz Rothenburg zu verlassen und bestens erholt den Heimweg anzutreten. Wir werden auf jeden Fall zurückkommen, sei es für kurz oder lang, für einen Spaziergang durch die neuen alten Gassen, für ein bisschen Touristenrummel oder die ernsthafte Kontemplation einer vergangenen Ära in einem der vielen Museen (oder einfach auf ein köstliches Schnitzel im Reichsküchenmeister ... :-))

miscellanea
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